Vor dem Justizministerium in Sofia, Bulgarien. Wie die Tage zuvor versammeln sich wieder hunderte vor diesem um zu protestieren. Die Protestierenden halten Schilder hoch. Immer sieht man die gleiche Parole: ,, не остана нито един“- ,,Keine einzige mehr!“ Doch warum protestieren so viele Menschen vor Ministerien und dem Parlament in der Hauptstadt Bulgariens?
Die aktuelle Lage der Menschen in Bulgarien
Auch die Regierung spielt hier eine große Rolle. Mit der rechten Regierung wird Sozialhilfe und Schutz für Frauen nicht gefördert. Dabei ist die Lage der Menschen in Bulgarien allgemein bekannt. Doch wenn es darum geht, Abschiebungsgesetze zu verschärfen und ein Grenzbündnis mit der Türkei einzugehen, werden tausende Gelder verschwendet. Dabei verschärft sich die Lage von Migrant:innen besonders dort. Wie schon beschrieben, sind die Menschen oft starker Armut ausgesetzt. Sie werden deshalb oft kriminell. Migrant:innen sind ebenfalls dieser Situation ausgesetzt, mit dem Zusatz, ständig Schikane staatlicher Behörden ausgesetzt zu sein. Werden sie straffällig, werden sie meist abgeschoben.
Wie der versuchte Femizid an einer Frau die Proteste auslöste
Nachdem aber ein 26-jähriger Mann seiner 18-Jährigen Freundin 21 Messerstiche, sowie mehrere Knochenbrüche zufügte und ihren Kopf kahl schor, und die Frau ins Krankenhaus eingeliefert wurde, war klar, dass die Tat nicht eine einfache Beziehungstat war. Als der Täter jedoch wegen angeblichen ,,leichten Verletzungen“ der Betroffenen freigesprochen wurde, löste dies eine starke Empörungswelle in der Bevölkerung Bulgariens aus. Bald folgten starke und laute Proteste, die Gerechtigkeit für ermordete Frauen forderte und Täter härter bestrafen sollte. Nun versammeln sich nach fast einem Monat immer noch jeden Tag Menschen vor Ministerien und dem Parlament und fordern lautstark eine härtere Bestrafung für Mörder und Gewalttäter. Nun richten sich die Proteste auch gegen die Gleichgültigkeit der zahlreichen Morde auf den Straßen. Auch sie werden lauter und stärker. Sie setzen die jetzige Regierung weiter unter Druck.
So verabschiedete die Regierung auf Druck ein Gesetz, welches häusliche Gewalt stärker bestrafen soll. Nach sechs Wochen gemeinsames Zusammenlebens und einer eingegangenen sexuellen Beziehung, sollen Täter nun härter bestraft und nicht mehr nur auf Bewährung entlassen oder gar ganz freigesprochen werden. Dennoch ist dieses Gesetz kaum etwas wert, denn eine sexuelle Beziehung ist schwer nachweisbar. Und wenn es tatsächlich zu einem Gerichtsverfahren kommt, müsse die betroffene Person 6 Wochen warten und sich vor Gericht weiteren Schikanen aussetzen. Nur damit der Täter am Ende doch nur 1 oder 2 Jahre Haft bekommt.
Doch warum haben wir in Deutschland so wenig von den Protesten gehört?
Bulgarien stellt mit vielen anderen Balkanländern das sogenannte ,,Schlusslicht“ in der EU dar. Viele Balkanländer sind von Armut betroffen, haben korrupte und rechte Regierungen, welches stark nach außen gezeigt wird. So geht Bulgarien z.B. immer mehr Bündnisse mit der Türkei ein, wenn es um Abschiebungen oder Grenzverschärfung geht. Daher wird in reichen EU Ländern meist nur von diesen Geschehnissen berichtet, um die Vormachtstellung in wirtschaftlichen Interessen weiter zu behalten. Denn so kann die EU weiter sanktionieren, was weitere Armut der Bevölkerung zur Folge hat. Wenn jedoch eine Protestwelle Druck auf diese Regierung ausübt, weil sie das patriarchale, kapitalistische System an sich anprangert und bekämpft, so hören wir nichts davon. Denn die Proteste bekämpfen genau jene Auswirkungen, die jedes kapitalistische und patriarchale System, somit auch Deutschland, aufweist: Femizide, Armut und Verzweiflung.
Fazit
Wir erkennen also, die starken Proteste setzen das jetzige Parlament unter Druck. Und trotz dieser Reformen, die kaum eine Besserung der Lage der Menschen bewirken, wird weiter protestiert. Immer mehr Frauen schließen sich an, lassen die Gewalt an Frauen nicht mehr auf sich sitzen. Sie schaffen sich ein Bewusstsein um gegen das patriarchale System zu kämpfen. Dennoch müssen wir erkennen, dass, um eine wirkliche Befreiung der Frau und einer Befreiung des Proletariats hervorzurufen, organisierte und klassenkämpferische Kämpfe geführt werden müssen. Denn die wirkliche Befreiung der Menschen findet sich nur im Sozialismus wieder. Dennoch: Solidarisieren wir uns mit der Protestbewegung. Denn zum ersten Mal seit langem zeigt die bulgarische Bevölkerung in so großer Zahl Flagge. Und die Proteste tragen nun auch schon in einem anderen Land Früchte: Im Bosnien, denn auch hier protestieren Frauen gegen Gewalt an Frauen.