Wir sind die Menschen einer großen Sache. „Wir“ bestehen, um die Ausbeutung, die Ungleichheit, die Hindernisse, die der Entwicklung der Menschheit im Wege stehen, zu beseitigen. Wir sind im Kampf mit der alten Welt. Wir folgen dem Weg von Marx, der mal gesagt hat, er sei „jemand, der mit der Welt (der offiziellen) im bittersten Kampfe steht“. In einer Gesellschaft, in der viele „nie wieder“ sagen, sind wir auf der Seite der Neuanfänge, der „Brüche“. Deshalb ist es unsere Aufgabe, den Kampf für den Sozialismus in Freude zu verwandeln. Ein revolutionärer Mensch ist jemand, der den Kampf jeden Tag von Neuem mit einer optimistischen Entschlossenheit und einer großen Freude aufnimmt. Und der revolutionäre Kampf ist unsere „Arbeit“ und unser Lebensstil. So muss es sein. Häufig verwenden wir Ausdrücke wie „im Kampf sein“, „in den Kampf eintreten“… Vor ein paar Tagen hat mir ein junger Leser geschrieben. „Liebe Işık“, sagte er, „wie kannst du so begeistert schreiben, wenn du doch so fern vom Kampf bist?“. Da ich mir sicher bin, dass der Freund, der die Frage gestellt hat, mit ganzem Herzen dabei ist, habe ich mich gefragt, worüber man sich Gedanken machen sollte. Was ist ein Kampf für uns? Was verstehen einige unserer jungen Freunde darunter, wenn wir „kämpfen“ sagen und wo stoßen wir damit an unsere Grenzen? Was können wir ihnen nicht erklären? Ich glaube, dass wir über diese Dinge nachdenken sollten. Es gibt zwei Welten. Der Kampf, den wir führen findet zwischen dem Alten und dem Neuen statt. Jede:r Einzelne muss in diesem Kampf Partei ergreifen. Wenn wir davon sprechen, die alte Welt zu zerstören und „die Welt zu verändern“, existieren Kämpfe für uns in allen Lebensbereichen. Kampf bedeutet Auseinandersetzung. Jede:r Einzelne, der sich auf den Weg zur Erschaffung einer neuen Welt macht, setzt sich auch für den Kampf ein, entsprechend dem Platz, den er im Leben selbst einnimmt. Die Waffen derer, die den Kampf führen, verfügen in diesem Kampf über andere Waffen. Der Kampf findet sich in allen Bereichen statt. Drinnen, draußen, in der Fabrik, auf dem Feld, in den Städten mit Waffen in der Hand, auf den Barrikaden, in den Bergen. Wir tun alle all das, was unsere „Arbeit“ erfordert. Wo immer der Kampf gebraucht wird, genau dort existieren wir. Doch es darf nicht vergessen werden, dass in diesem Kampf jede:r andere Waffen besitzt. Die Poesie des Dichters wird zur Waffe, die Fotografie des Fotografen, das Gemälde des Malers. Wichtig ist, sich aktiv am Kampf zu beteiligen. Egal in welchem Bereich. Zweifellos war die Frage meines jungen Freundes das Produkt einer Oberflächlichkeit in seinem Verständnis und seiner Sichtweise des Kampfes. Unsere Aufgabe ist es, dieses Verständnis zu vertiefen. Der Kampf ist langwierig. Der Weg ist lang. Kämpfen ist weder eine kurzfristige Sache noch die Arbeit einer Elite oder weniger Talente. Wir, die Arbeiter:innen, sind die Subjekte dieses Kampfes. Indem wir Niederlagen in Neuanfänge verwandeln, versuchen wir, die alte Welt mit Geduld und Freude, mit Zähnen und Klauen zu zerstören. Der politische Ausdruck des Kampfes mit dem Ziel, sich „als herrschende Klasse“ zu organisieren verbunden. Wir werden dieses Ziel erreichen und unseren Weg weitergehen. Bis die letzte kapitalistische Festung zerstört ist. Wenn mir das Leben den Stift in die Hand gegeben hat, werde ich meinen Stift halten. Wir tragen unsere Worte mitten in unserem Herzen und stecken unseren Kopf in unseren Kampf. Unser Wort wird zu unserer Waffe. Wir werden den Kampf in allen Bereichen führen. Im täglichen Leben, in der Kunst, in der Politik: „Der neue Mann im Sozialismus, die neue Frau im Sozialismus, die neue Moral im Sozialismus…“ Wir sagen all diese Dinge. Wenn wir so etwas sagen, bedeutet das nicht, dass wir die Erneuerung des Lebens auf einen magischen Moment in der Zukunft verschieben. Dies sind Aussagen der Wahrheit, Urteile. Unsere Aufgabe, all dieses Neue zu schaffen, beginnt schon jetzt, von dem Moment an, in dem wir leben. In jeder Phase unseres Kampfes werden wir die Prinzipien des neuen Lebens, die Moral des neuen Lebens schaffen. Wir werden den neuen Menschen erschaffen. Dies ist eine Schlacht. Unsere Leute, unsere jungen Leute, müssen hinterfragen, was ihnen präsentiert wird, was ihnen gegeben wird. Unsere Pflicht ist es, sie dazu aufzufordern zu hinterfragen. Wir müssen alte Denkmuster aufgeben, lernen zu hinterfragen, zu rebellieren und zu handeln. Theorie vertiefen und nach der Praxis suchen. Aktion und Kunst vermitteln das Wesen des neuen Menschen. Ein:e Revolutionär:in ist jemand, der sich und seine Arbeit ernst nimmt. Ich nehme meinen Job ernst. Unsere Aufgabe ist es den neuen Menschen zu erschaffen. Es ist eine neue Ästhetik und marschiert hartnäckig in Richtung Sozialismus. Es geht darum, Widerstand zu leisten und der Rebellion Hoffnung zu geben. Sich an der Schaffung des Neuen als Teil dieser Hoffnung zu beteiligen, bedeutet, mitten im Kampf zu stehen.
Kutsiye Bozoklar war eine sozialistische Intellektuelle und Revolutionärin, die in der Türkei und Nordkurdistan politische Arbeit leistete. Als Teil des revolutionären Kampfes gegen den Faschismus wurde sie bei einer Aktion angeschossen und verletzt und war gezwungen, im Rollstuhl zu leben. Sie setzte ihre politische Arbeit mit ideologischen Texten und Büchern fort, die zu einer Leitlinie für Revolutionäre in der Türkei und Kurdistan wurden. Wir wollen in der kommenden Zeit nach und nach einige ihrer Texte ins Deutsche übersetzen und Euch zur Verfügung stellen.