Sie stehen da wie eine bunte Blumenwiese. Die prachtvollsten Farben stechen hervor: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Lila. Ein Anblick den wir mit dem Frühjahr oder dem Sommer verbinden, der uns im November aber Hoffnung und Trost spenden kann. Der graue November, der für so viele Menschen Dunkelheit, Tristesse und Eintönigkeit bedeutet, ist eine Herausforderung für uns, denn wir wollen uns nicht in den Sog des Grau ziehen lassen. Viel lieber denken wir an die schöne Blumenwiese zurück, durch die Kinder spielend rennen, auf der uns die Sonne entgegen strahlt und wir spüren, dass das Gewicht der Welt von unseren Schultern gehoben wird.
Rot
Als Revolutionär:innen sehen wir aber, dass die Welt nicht immer bunt und schön ist. Die Dialektik des Lebens zeigt sich im Herbst besonders deutlich. Der Goldene Oktober, die letzten warmen Tage ziehen vorrüber und die Natur macht sich für den Winter bereit, um im Frühjahr wieder neugeboren zu werden. Ein wichtiger Prozess für Mensch und Natur. Der November hat dabei eine besondere Bedeutung: für uns ist er der Monat der Gefallenen. Die Gefallenen, die ihr Leben für die Revolution und den Sozialismus gegeben haben, spenden uns über den November Kraft und Mut. Wir lernen gerade in diesem Monat intensiv von ihrem Leben, setzen uns mit dem auseinander, was sie den Revolutionär:innen von morgen für das Gelingen der Revolution mitgeben wollen.
Orange
Die Blumenwiese ist ein Sinnbild: „Die roten Nelken Ivanas, die prachtvoll in Massen stehen“. Die Blumenwiese des vergangenen Sommers sind unsere Gefallenen, die uns Kraft in den schweren, dunklen Zeiten geben und uns führen. Ihr Wille und ihre Entschlossenheit für die Revolution zu kämpfen berührt uns, so sehr, dass wir in ihre Fußstapfen treten und wir im nächsten Sommer die Blumen auf der Wiese sein werden, die den Menschen Hoffnung geben. Nachdem Ivana Hoffmann gefallen ist, sind hunderte Jugendliche ihrem Ruf gefolgt, sie haben sich organisiert, um ihren Kampf weiterzukämpfen.
Gelb
Die Revolution ist kein Gedanke. Sie ist etwas sehr Konkretes, das organisiert werden muss und das machen die Revolutionär:innen, die jeden Tag dafür arbeiten, dass sie Erfolg hat. Solange wir für die Revolution arbeiten, solange besteht ihre Realität, solange bleiben unsere Gefallenen unsterblich. Unsterblichkeit in unserem Sinne ist genauso etwas konkretes. Che Guevara, der vor seiner Ermordung sagt „Schieß du Feigling, du tötest nur einen Menschen“ hat es erkannt: solange es neue Revolutionär:innen gibt, wird die Revolution niemals sterben. Und genauso werden die Gefallenen niemals sterben, die für die Revolution gekämpft haben, denn ihr Kampf wird durch uns fortgeführt.
Grün
Die gefallenen Revolutionär:innen hatten eine große Liebe zum Leben und zum Menschen. Nicht selten lesen wir, dass die Revolutionär:innen am glücklichsten sind, wenn sie mitten in revolutionärem Gebiet stehen, zum Beispiel in den freien Bergen Kurdistans. Diese Liebe wird niemals verschwinden, sie haben sie durch ihr Märtyrertum verewigt. Indem sie bis zum Tod gekämpft haben, haben sie die Menschlichkeit verteidigt. Die Revolutionär:innen haben ihren Teil für die Revolution getan, doch der Kampf ist nie zuende, genau das machen wir uns im November bewusst.
Blau
Es gibt viele Revolutionär:innen, denen wir gedenken müssen, viele die ihren Beitrag zur Befreiung der Menschheit geleistet haben. Der November ist der Aufruf an uns ihre Namen auf die Straßen zu tragen. Die Namen von Mark Ashton, Marsha P. Johnson und Hande Kader. Die Namen von Okan Altunöz, Ivana Hoffmann und Aydan Ezgi Salçi. Die bunten Blumen der LGBTI+ Revolutionär:innen blühen auf, gerade in den Zeiten, in denen wir als LGBTI+ besonders von Faschisten bedroht werden. Die Gewalt gegen LGBTI+ verfolgt uns, bedroht uns in unserer Existenz. Das heißt, dass das Gedenken für uns einen besonders hohen Stellenwert haben muss. Wir gedenken Malte C., Brianna Ghey, Ella Nik Bayan und Tortuguita.
Lila
Für uns LGBTI+ ist der Aufruf des Novembers folgender: Wir gedenken den Opfern der LGBTI+ feindlichen Gewalt und überwinden die Isolierung, in die wir gedrängt werden. Statt nur unter uns, in Trauer und unter Schock zu gedenken, tragen wir unsere Wut auf die Straßen. Alle sollen die Namen der Gefallenen kennen und sehen, dass wir als LGBTI+ uns nicht verstecken und aus dem Leben verdrängen lassen. Wir zeigen wieder einmal, dass LGBTI+ kämpfen können: Ivana Hoffmann und Okan Altunöz sind unsere Vorbilder und Vorkämpferinnen. Sie haben der Welt gezeigt, dass LGBTI+ militant sind und nicht nur für sich kämpfen, sondern für die Befreiung der Menschheit. Als Sozialist:innen und als Revolutionär:innen von heute ist es unsere Aufgabe ihr Erbe anzunehmen und es weiterzutragen. Ihr Kampfgeist und ihre Entschlossenheit begeistern bis heute die Massen, ihr Einsatz für die Revolution bleibt unvergessen, denn wir werden dafür sorgen.
Tragen wir das revolutionäre Gedenken in die LGBTI+ Bewegung, machen wir die Namen der LGBTI+ Revolutionär:innen auf der ganzen Welt bekannt. Lasst uns auch von allen anderen Revolutionär:innen lernen, die für eine befreite Welt gestorben sind. Sie sind das Rot des Regenbogens, der uns durch das Grau des Novembers führen wird.