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Deutschland versagt im Kampf gegen die Krise – Warum?

Vergangene Woche wurde die Gaspipeline Nordstream 1, die Gas von Russland nach Deutschland liefert, abgeschaltet. Jedes Jahr im Juli passiert das, die Pipeline wird gewartet, um für den Winter wieder zuverlässig neues Gas zu liefern, doch dieses Jahr sorgt die Wartung für Angst und Bange beim Kapital. Die große Frage, die sich alle stellen: Fließt nach der Wartung wieder Gas durch die Pipeline? Und auch wenn vieles noch nicht klar ist, seit Wochen steigen die Gaspreise auf den Weltmärkten und die Bundesregierung sucht planlos einen Weg aus der Krise, reitet uns alle mit ihrer Politik jedoch immer weiter in eine solche Krise rein.

Der Krieg und das Gas

Deutschlands Strom- und Gasversorgung ist sehr abhängig vom Gas: Etwa ein Viertel des Energieverbrauchs durch Wärme kam durch das Gas, beim Strom macht das Gas 15% des Verbrauchs aus. Über die Hälfte des Erdgases, welches in Deutschland verbraucht wurde, kam in den vergangenen Jahren aus Russland. Und heute? Mit Beginn des Kriegs von Russland in der Ukraine hat Deutschland gemeinsam mit der EU ein Sanktionspaket nach dem anderen auf den Weg gebracht. Russland sollte durch den Importstopp von Öl und Gas isoliert werden und die Wirtschaft geschwächt werden. Dieser Plan ging bisher jedoch nach hinten los. Während auf der ganzen Welt seit Monaten die Preise steigen, hat sich in Russland nicht viel geändert. Die großen Öl- und Gaskonzerne machen weiterhin munter Profite: Gazprom, die allein im vergangenen Jahr 28 Milliarden Euro Gewinn machten, gaben auch jetzt an, dass ihre Umsätze nur um drei Prozent zurückgegangen sind. Abnehmer für die Rohstoffe gibt es außerhalb der EU und der USA immer noch genug und, weil die Unternehmen auf dem Öl- und Gasmarkt quasi Monopolstellungen haben, gleichen sie die gesunkene Nachfrage einfach damit aus, dass sie die Preise erhöhen.

Auf der anderen Seite verdienen auch Staaten, die scheinbar gar nicht in das Geschehen involviert sind. Saudi-Arabien zum Beispiel hat seine Öl-Importe aus Russland in den letzten Monaten mehr als verdoppelt. Sie importieren günstiges Öl aus Russland, nutzen es für ihre eigene Stromproduktion und können verkaufen das Öl, was sie sonst selbst nutzen zu Rekordpreisen an die EU-Staaten.

Am Ende der Geschichte bleiben Konzerne und Diktaturen die weiterhin Milliardengewinne einstreichen und Millionen von Arbeiter:innen, die ihre Stromrechnungen nicht mehr zahlen können und verarmen, weil ein paar Imperialisten dachten sie können ihren Gegenspieler schwächen. Wie so oft treffen Sanktionen nicht die Staaten, nicht die Konzerne und mächtigen Leute eines Landes, sondern vor allem die Arbeiter:innen. Die Krise, in der wir aktuell stecken haben die Regierungen selbst heraufbeschworen.

Klimakollaps statt Wirtschaftskollaps

Doch anstatt konstruktive Wege aus dieser Krise aufzuzeigen, folgt die Politik weiter dem Ruf der Konzerne. Weil das Gas im Winter knapp werden könnte und die Gefahr besteht, dass Unternehmen ihre Produktion dann drosseln müssen, hat die Bundesregierung jetzt schon beschlossen, die Kapazitäten in verschiedenen Braunkohlekraftwerken wieder hochzuschrauben und die Klimakrise damit weiter zu befeuern. Von Seiten der FDP wird außerdem immer wieder eine Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken in die Diskussion geworfen. In strauchelnde Unternehmen wird, wie zuletzt zu Beginn von Corona, immer wieder viel Geld gesteckt: Der Gashändler VNG Leipzig hat 2-3 Milliarden Euro vom Staat bekommen, der Kohlekonzern LEAG 5,5 Milliarden und der größte deutsche Gashändler Uniper soll eine Summe zwischen drei und acht Milliarden Euro vom Staat erhalten. Von den „grünen Versprechen“ mit denen die neue Bundesregierung ins Amt gestartet ist, ist spätestens jetzt wirklich nichts mehr übrig.

Wer zahlt für die Krise?

Während Konzerne und das Militär Milliarden bekommen steigt die Inflation immer weiter an, bei den kommenden Nebenkostenabrechnungen müssen wir alle wahrscheinlich 300-500 € nachzahlen und vom Staat gibt es auch hier keine Unterstützung: Im Gegenteil setzt das deutsche Kapital zu einem großangelegten Angriff auf die Arbeiter:innenklasse an. Auf die Streiks in den Unikliniken in NRW, die Streiks der Stahlarbeiter:innen oder der Hafenarbeiter:innen in Norddeutschland wird immer wieder geklagt. Der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger brachte letztens sogar den Vorschlag einen nationalen Notstand auszurufen, um das Streikrecht zu brechen. Gerade in Zeiten der Krise und der massiven Inflation sind die überall aufflammenden Streiks, die eine Anpassung der Löhne an die rasende Inflation ein Dorn im Auge des Kapitals. Von Seiten des Kanzlers Olaf Scholz gibt es deshalb jetzt die Bemühung den kämpferischen Streiks mit einer „konzertierten Aktion“ den Wind aus den Segeln zu nehmen. Bei dieser Aktion will er sich mit Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden zusammensetzen, um auszuhandeln, dass die Gewerkschaften ihre Forderungen nach höheren Löhnen zurückziehen. Unter dem Vorwand der Krise soll der Anteil dessen was ein:e Arbeiter:in und was ein Unternehmen erhält noch weiter zugunsten der Unternehmen verschoben werden.

Wir nicht!

Für die Zukunft sollten wir uns nicht auf die Gewerkschaften und die so viel beschworene „Sozialpartnerschaft“ verlassen, sondern dem Klassenkampf, der gerade vor allem von oben geführt wird, eine starke Bewegung von unten entgegensetzen. Wenn gesagt wird, wir sollen im Winter frieren, Homeoffice auf einmal doch möglich ist, weil die Unternehmen so die hohen Heizkosten auf uns abwälzen können, oder wenn Robert Habeck wie aktuell eine große Werbekampagne startet, die sich ausschließlich an uns richtet und uns auffordert Strom zu sparen und die Unternehmen weiter machen können wie sie wollen müssen wir diejenigen sein die uns dagegen stellen und sagen: Wir zahlen nicht für eure Krise!

Die Krise, in der wir stecken ist nicht einfach nur ein Problem unseres Konsums oder unserer Lebensweise, es ist eine Krise des Systems. Obwohl es die Forderungen gab, wurden in den letzten Jahrzehnten keinerlei Anstrengungen gemacht erneuerbare Energien auszubauen, nur weil es nicht so viel Profite abwirft wie die Braunkohle. Obwohl von vornerein klar war, dass die Sanktionen vor allem uns schaden werden, wurden sie durchgesetzt, weil Deutschland und die EU/USA ihre Stellung im imperialistischen Weltgefüge verbessern wollen. Wir sind nicht an dieser Krise schuld, kämpfen wir dafür, dass wir nicht diejenigen sind, die sie bezahlen müssen! Kämpfen wir gegen den Kapitalismus, der uns immer wieder neue Krisen bringt!