In dem Maße, in dem die bürgerlichen Staaten versuchen die Vorhut von den Massen zu trennen und zu isolieren, kommt der revolutionären Willenskraft bei der Entwicklung der organisatorischen Massenarbeit eine immer größere Bedeutung zu.
Mit einer Kombination aus psychologischer Kriegsführung und Propaganda, Inhaftierung, Isolation und Folter, aber im extremsten Fall auch Ermordung, strebt der bürgerliche Staat die vollständige Auflösung unseres antifaschistischen Widerstands an. Er greift nacheinander fortschrittliche linke Kräfte an, um sie ideologisch und politisch zu liquidieren, ihre Organisationen zu zerstören und die Verbindungen zwischen der Vorhut und den Massen zu kappen.
Unter solchen Bedingungen eines ununterbrochenen Angriffs besteht nicht nur die Gefahr der physischen Unterdrückung, sondern auch die Gefahr der politischen Introversion und Mutlosigkeit, des Verlusts der organisatorischen Willenskraft und des Vertrauensverlusts in die Massen. Die Tatsache, dass die Schwächung vieler Aspekte der politischen und organisatorischen Massenarbeit heute weit über die physischen Auswirkungen auf die Organisationen selbst hinausgeht zeigt das Ausmaß dieser Gefahr.
Ja, es gibt viel Arbeit und zu wenige Kader. Ja, der Organisations- und Mobilisierungsgrad ist alles andere als ideal. Ja, es gibt echte Schwierigkeiten die Vorreiterrolle der organisierten Kräfte mit der Praxis der Herstellung organischer Kontakte zu den Massen zu verbinden, und ja, dieser Engpass kann entmutigend sein. Aber wo liegt die Lösung?
Wir können die politische Aktion der Vorhut nicht verdünnen, um mehr Zeit für die Massenorganisierungsarbeit zu haben; schon die Aufgabe, einen antifaschistischen Massendurchbruch herbeizuführen wird vielleicht das Zehnfache an Vorhutaktionen erfordern. Wir können uns auch nicht einfach mit unseren gegenwärtigen Beschränkungen abfinden und diese sogar als Entschuldigung für eine Abschwächung unserer politischen Ziele und Ansprüche benutzen.
Die Lösung besteht darin sich dem bürgerlichen Staat zu stellen, ihm ins Auge zu spucken und weiterzuarbeiten – all jene organisatorischen Aufgaben und Pflichten, die durch Liquidierungsversuche untergraben werden oder die sonst schlecht oder unvollständig oder gar nicht erledigt würden, freiwillig und mit maximaler Kraft des revolutionären Willens zu erfüllen.
Politische Agitation und Aktion haben nicht die Kraft sich spontan zu organisieren – das Ziel einen vereinten antifaschistischen Durchbruch der Unterdrückten zu organisieren erfordert, dass die kommunistische Vorhut ihre Grenzen in allen Bereichen überwindet. Ohne einen geplanten und zielgerichteten Stil der Organisationsarbeit – z.B. die Anwendung eines einfachen einmonatigen Organisationsplans – ist ein Rückgang des Niveaus der massenorganisatorischen Aktivität überhaupt nicht überraschend. Wir müssen uns verbessern.
Der Organisationsgrad in einem Gebiet umfasst wie viel der Organisationsmasse in direkte und indirekte Organisationen eingebunden ist, wie viele Aufgaben und Verantwortlichkeiten zugewiesen sind und wie konsequent die organisatorischen Beziehungen gepflegt werden. Die Beziehungen eines bedeutenden Teils der Organisationsmasse – bestehend aus denjenigen, die früher eine gewisse Rolle in den lokalen Organisationsaktivitäten gespielt haben, den Anhänger:innen oder Freund:innen der Organisation und den Verwandten unserer Gefangenen – wurden durch das organisatorische Vakuum, das infolge des faschistischen Staatsterrors entstanden ist, destabilisiert oder gebrochen.
Die Resystematisierung des Kontakts mit dieser unorganisierten Masse an der Peripherie der Organisation, die die erste Schicht im Zielpublikum der täglichen Organisationsarbeit darstellt, ist ein entscheidender erster Schritt zur Erhöhung unseres Organisationsgrads. Durch die Organisation eines Picknicks oder einer Filmvorführung, den Besuch von Hochzeiten oder Beerdigungen, die wöchentliche Verteilung der sozialistischen Presse, Hausbesuche, die Einbindung von Menschen in Social-Media-Gruppen und sogar die Bitte um Hilfe bei der einen oder anderen kleinen Aufgabe ist es für Organisator:innen durchaus möglich die Beziehungen zu dieser ersten Schicht schnell aufzufrischen, aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
Es wird nicht lange dauern bis auf diese Weise junge Militante rekrutiert werden können, die Zahl derer, die für politische Aktionen mobilisiert werden können, vergrößert wird und organisatorische Grundlagen geschaffen werden, die zur Eröffnung eines Vertretungsbüros, zur Gründung eines Selbstverteidigungsclubs oder einer Arbeitsgruppe genutzt werden können. Darüber hinaus wird eine solche Arbeit innerhalb dieser „fertigen“ Peripherie neue Energie, Impulse und Erfahrungen für die Arbeit unter neuen, noch nicht organisierten Massen schaffen.
Militante und Organisationen im Bereich des praktischen Kampfes müssen ihre tägliche revolutionäre Arbeit auch so organisieren, dass sie ihre Kontakte zu solchen „neuen“ Massen erweitern und diversifizieren. Dies erfordert die Herstellung von Verbindungen zu fortgeschrittenen Gruppen von Student:innen, Arbeiter:innen, Frauen und Armen in einem bestimmten Viertel, Industriebezirk, Campus oder einer Gewerkschaft. Die Einführung verschiedener Formen der Organisierungsarbeit unter diesen Massen auf lokaler Ebene – wie z.B. Frauenfrühstücke, Arbeiter:innenkonzerte, Universitätspanels und politische Diskussionen – wird ein unverzichtbarer Teil dieser Organisationspraxis sein.
Mit diesen Formen der revolutionären Tätigkeit, die der Entwicklung persönlicher und gemeinschaftlicher Beziehungen dienen, ergänzt durch die Initiative herausragende Persönlichkeiten zur Organisierung in den Reihen der Organisation aufzurufen und ihnen entsprechende revolutionäre Aufgaben zu übertragen, selbst durch den Zusammenschluss einiger Frauen oder einiger Arbeiter:innen in einem Lesekreis, werden sich neue Kanäle für die organisatorische Ausbreitung eröffnen.
Die Organisierungsarbeit muss auf allen Ebenen der Organisation konkret sein. Das bedeutet, dass man den Namen und das Gesicht jedes Mitglieds der Organisationsmasse in einem bestimmten Viertel kennt, welches Potenzial sie haben und in welchem Verband sie sind. Es bedeutet festzulegen und zu planen wen man wann kontaktiert, wie man die Beziehungen pflegt, wer zu welcher Demonstration auf welchem Platz eingeladen wird, welche revolutionäre Aufgabe man wem anbietet und wo man welche Art von organisatorischem Anhängsel aufbaut. Nur mit einer solchen konkreten Perspektive kann revolutionäre Willenskraft die Organisationsarbeit wirklich durchsetzen.
Die Organisationsführung, die die Summe der politisch-organisatorischen Erfahrungen der Organisation auf dem Gebiet des Kampfes verkörpert, trägt die Verantwortung der Katalysator zu sein, der die revolutionäre Willenskraft auf dem Gebiet der Organisation schärft. Diese Verantwortung sollte in der praktischen Leitung und Überwachung der gesamten politischen und organisatorischen Arbeit in der Weise wahrgenommen werden, dass eine Aufgabe die andere ergänzt, und in der umfassenden und kontinuierlichen Schulung der kommunistischen Kämpfer:innen, um ihre organisatorischen Fähigkeiten zu erhöhen.
Die herrschende Klasse arbeitet unerbittlich daran uns zu vernichten. Unsere revolutionäre Entschlossenheit muss mindestens genauso stark sein.