Gemeinsamer Artikel von Young Struggle und Zora
Das faschistische Massaker am 23. Dezember 2022, bei dem drei kurdische Aktivist:innen unsterblich wurden, trägt die Handschrift des türkischen faschistischen Staates. Wir müssen noch entschlossener auf den Straßen den Kampf gegen den türkischen Faschismus führen.
Am 23. Dezember 2022 verübte ein 69-jähriger französischer Mann einen faschistischen Anschlag auf das kurdische Kulturzentrum „Ahmet Kaya“ und zwei angrenzende Geschäfte, die kurdische Inhaber:innen haben, welche mit der kurdischen Freiheitsbewegung sympathisieren oder sogar Aktivist:innen sind. Dabei wurde der kurdische Künstler Mîr Perwer (M. Şirin Aydın), die Vertreterin der kurdischen Frauenbewegung in Europa Evîn Goyî (Emine Kara) und der kurdische Aktivist Abdurrahman Kızıl. Daneben gibt es mehrere Verletzte und Schwerverletzte. Der Anschlag fand statt, als eigentlich eine Versammlung stattfinden sollte anlässlich der Aktionsplanung für den 10. Jahrestag des Massakers vom 9. Januar 2013 in Paris, bei dem die drei kurdischen Aktivistinnen Sara (Sakine Cansız), Rojbîn (Fidan Doğan) und Ronahî (Leyla Şaylemez) durch den türkischen Geheimdienst (MIT) ermordet wurden. Diese wurde jedoch kurzfristig verschoben, weshalb sich deutlich weniger Menschen im Kulturzentrum „Ahmet Kaya“ aufhielten. Der Täter des Anschlags war also zu einem Zeitpunkt zum Zentrum gefahren, an dem sich viele Menschen der kurdischen Freiheitsbewegung und revolutionärer Kräfte Türkei und Kurdistans dort aufgehalten hätten.
Laut Zeug:innenenberichten wurde der Mann von einem Auto vor dem kurdischen Kulturzentrum abgesetzt und begann sofort mit einer Pistole zu schießen. Die im kurdischen Kulturzentrum anwesenden Aktivist:innen fingen an sich gegen den Täter zu wehren. Eine Frau habe nachdem sie bereits angeschossen wurde weiter gegen den Täter gekämpft. Mîr Perwer soll sich laut weiteren Berichten vor Ort vor Evîn Goyî geworfen haben, um die führende Frauenrevolutionärin der kurdischen Freiheitsbewegung vor den tödlichen Schüssen zu schützen. Beide verloren bei dem terroristischen Angriff dennoch ihr Leben.
Nach dem Kulturzentrum ging der Täter in den angrenzenden Friseursalon, wo er schließlich von dort anwesenden Jugendlichen überwältigt und festgehalten werden konnte bis 40 Minuten nach dem ersten Notruf die ersten Polizisten vor Ort waren. Über den Täter wurde bisher bekannt gegeben, dass er ein 69-jähriger französischer Rentner ist, der erst vor wenigen Tagen im Dezember aus der Haft entlassen wurde. Er hatte ein Zeltlager von Migrant:innen angegriffen, weshalb er wegen versuchter Tötung in Untersuchungshaft saß. Er konnte sich, nachdem er aus der Haft entlassen wurde, offentsichtlich ohne Probleme eine Waffe beschaffen und den Anschlag ausüben. Es stellt sich die Frage, wie dies ohne Wissen der französischen Behörden möglich war, da er offiziell unter Beobachtung stehen sollte. Die These der Behörden, es handele sich um einen einzelnen Täter, lässt sich den Zeug:innenenaussagen zufolge nicht bestätigen. Wer hat ihn zum Tatort gefahren und wer hat ihm die Waffe gegeben? Andere müssen von dem Anschlag gewusst haben oder ihn sogar mitorganisiert haben. Erstaunlich ist auch, dass der französische Staat von dem Anschlag nichts mitbekommen haben soll, obwohl die Räumlichkeiten der kurdischen Befreiungsbewegung dauerhaft beobacht werden.
Der türkische faschistische Staat ist der Hauptschuldige des Massakers
Der Anschlag am 23. Dezember 2022 fand fast 10 Jahre nach dem Attentat des türkischen Geheimdienstes (MIT) auf die drei kurdischen Aktivistinnen Sara, Rojbîn und Ronahî am 9. Januar 2013 statt. Die Aufklärung dieses Attentats wurde danach von dem französischen Staat so lange in die Länge gezogen, bis der Attentäter in Haft starb. Auch bei diesem zweiten Attentat von Paris trägt der faschistische türkische Staat die Schuld für den Mord an den 3 kurdischen Aktivist:innen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der französische Attentäter durch Zufall genau dann den Anschlag verübte, als eigentlich eine große Versammlung über diesen ersten Anschlag von 2013 im kurdischen Kulturzentrum hätte stattfinden sollen. Der türkische Staat benutzt immer wieder Söldner für seine Attentate auf führende revolutionäre Aktivist:innen. Als eine von vielen gezielte Ermordung kommt die der führenden „Jineologie“ Aktivistin Nagihan Akarsel in Sulaymaniyah (Südkurdistan) Anfang Oktober dieses Jahres als eine von vielen kommt in den Sinn. Auch bei dem Anschlag Anschlag auf das HDP (Demokratische Partei der Völker) Büro in Izmir am 17 Juni 2021, bei dem Deniz Poyraz ermordet wurde, benutzte der türkische Staat einen Söldner, um sich nicht selbst die Hände schmutzig zu machen. Sollte der türkische Staat den Attentäter nicht selbst angeheuert haben, hat er dennoch den Weg für den Anschlag geebnet.
Nicht nur durch Anschläge und Staatsterror führt der türkische Staat Krieg gegen das kurdische Volk. Er verstärkt auch die Angriffe auf die kurdische Befreiungsbewegung in Rojava und den befreiten Gebieten in Südkurdistan. Vor allem nach dem Anschlag in Istanbul am 13. November 2022 und den darauffolgenden Luftangriffen auf Rojava hat sich die Unterdrückung des kurdischen Volkes weiter verstärkt.
Aber der türkische Staat richtet sich nicht nur durch direkten Terror gegen das kurdische Volk, sondern verbreitet auch Hass und Hetze, um seinen Krieg zu rechtfertigen. Besonders im Zuge der Wahlen 2023 versucht Erdogan die Menschen von der Wirtschaftskrise abzulenken und durch Krieg und Hetze gegen die Kurd:innen das türkische Volk auf seine Seite zu ziehen. Kurdische Menschen werden durch diese Hetzte weltweit als Terroristen dargestellt. Diese Propaganda wird von den bürgerlichen Medien in Frankreich, Deutschland und ganz Europa übernommen. Sei es durch die Verfolgung von kurdischen Aktivist:innen oder die Einstufung der PKK (kurdische Arbeiter:innenpartei) als „Terrororganisation“. Hierdurch wird die Grundlage und gleichzeitig auch die Rechtfertigung für solche faschistischen Anschläge geschaffen. Als Menschen aus Syrien und dem Irak vor dem Terror der faschistischen IS-Banden nach Europa flohen, schrieben bürgerliche Medien und rassistische Politiker von „Flüchtlingsflut“, „Messereinwanderung“ und davon, dass Terroristen einwandern würden. Eine von vielen Folgen dieser Hetze war der Anschlag von Hanau am 19. Februar 2020, bei dem ein faschistischer Attentäter 9 migrantische Menschen ermordete.
Türkischer Staat und Imperialismus: Hand in Hand
Einen Tag vor dem faschistischen Anschlag gab es Hausdurchsuchungen gegen die kurdische Befreiungsbewegung in Hannover und Nürnberg, bei dem der Aktivist Tahir Köcer nach §129a/b (Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Organisation) festgenommen wurde. Zeitgleich zu dem Pariser Anschlag am 23. Dezember wurden in der Türkei Räumlichkeiten der fortschrittlichen HDP (Demokratische Partei der Völker) durchsucht und in rund 6 Städten Mitglieder inhaftiert. All diese Ereignisse zeigen ein koordiniertes Vorgehen des türkischen Staates und seiner NATO-Verbündeten, darunter auch der deutsche und der französische Staat. Das faschistische Massaker in Paris passt hierbei in das gewohnte Vorgehen gegen die kurdische Befreiungsbewegung. Auch der Versuch den Attentäter aus der Haft in eine psychiatrische Klinik zu entlassen, zeigt eine klare versuchte Taktik der Verharmlosung und Vertuschung der Ereignisse.
Als Antwort auf das Massaker in Paris sind tausende von Menschen auf die Straße gegangen, um für eine vollständige Aufklärung und Gerechtigkeit des Massakers zu protestieren. Auch trugen sie ihre Wut darüber auf die Straße, dass es innerhalb von 10 Jahren zu zwei Massakern an kurdischen Aktivist:innen in Paris kommen konnte. Dabei ist das erste bis heute knapp 10 Jahre später noch nicht aufgeklärt worden. Hätte der französische Staat das erste Massaker aufgeklärt, hätte das zweite Massaker womöglich verhindert werden können. Stattdessen wurden wieder drei Menschen in der besagten Sicherheit der Europäischen Union unsterblich.
Unsere Befreiung liegt im gemeinsamen Kampf gegen Faschismus und Imperialismus!
Während der Proteste in Paris kam es zu Provokationen von türkischen Faschisten und zu Angriffen durch die Polizei. Auch kam es am 26.12. zu einem Mordversuch eines türkischen Faschisten auf einen kurdischen Friseur, da dieser ein kurdisches Lied angemacht hatte, in der nordfranzösischen Stadt Roubaix. Im Zuge der Hetze des türkischen Staates und des Massakers in Paris steigt die Wahrscheinlichkeit weiterer Massaker und Anschläge, denn Faschisten werden sich ermutigt fühlen.
Wir müssen einen entschlossenen Kampf für die vollständige Aufklärung des Massakers in Paris führen. Wir wissen aber auch, dass wir uns nicht auf die imperialistischen Staaten, wie Frankreich verlassen können, den sie unterstützten die Türkei in der Verfolgung und Unterdrückung des kurdischen Volkes. Sie haben das 1. Massaker in Paris von 2013 nicht aufgeklärt und werden es auch dieses mal nicht freiwillig machen. Weitere Massaker zu verhindern bedeutet, auch noch entschlossener gegen den türkischen Faschismus zu kämpfen. Wir müssen noch entschlossener die Revolution in Rojava verteidigen und gegen die Luftoffensive und eine mögliche Bodenoffensive des türkischen Staates Wdierstand leisten. Unser Widerstand muss sich auch gegen die imperialistischen Staaten richten, welche die Massaker und Kriege des türkischen faschistischen Staates ermöglichen und unterstützten.
Wir wissen, dass wir – egal wie viele Massaker vom Faschismus verübt werden – unseren Kampf für eine bessere Welt nicht aufgeben werden. Wir werden noch entschlossener den Kampf für die Revolution fortsetzen und den Weg unserer Märtyrer:innen weitergehen!