Zum Inhalt springen

Hungerstreik der LKW-Fahrer in Gräfenhausen beendet, neue Verhandlungen laufen

Nach dem der Hungerstreik der LKW- Fahrer in Gräfenhausen am Sonntag beendet wurde, besuchten wir gestern am 26.09. erneut den Streikplatz. Teilweise sind hier die Fahrer seit über 3 Monaten im Streik. Sie waren alle Angestellte einer polnischen Spedition, die sie aus verschiedenen Ländern anwarb. Vor allem Menschen aus Osteuropa, Georgien, Usbekistan sind hier versammelt, aber auch ein Fahrer aus der Türkei. 

Fatih ist 43 und stammt aus Antalya. Vor 15 Monaten sah er das Jobangebot von der Spedition „Imperial“ in einer Anzeige im Internet, Heute sagt er wünschte er hätte sie niemals gesehen. Es wurde mit einem Lohn von 2400 Euro monatlich geworben, diese hat Fatih aber nicht einmal in den letzten 15 Monaten vollständig erhalten. Er befindet sich seit 2 Monaten im Streik in Gräfenhausen. Er entschied sich zum Streik, nachdem die Firma ihn immer wieder um seinen Lohn betrog. Zuerst zogen sie ihm eine Zollstrafe für falsch angemeldete Ware vom Lohn ab, dann Kosten die durch einen kleinen Unfall entstanden sind und dass, obwohl er und das Auto versichert waren. Doch nicht nur im Hinblick auf Lohn, werden die Rechte der Arbeiter:innen aufs Übelste missachtet. Als Fahrer haben sie eigentlich bestimmte Rechte, wie freie Tage, Urlaub und einmal die Woche muss die Firma ein Hotelzimmer für die Fahrer organisieren. Fatih berichtet, wie er kein Hotel in der ganzen Zeit auch nur von innen gesehen hat, seit 15 Monaten hatte er nicht einmal Urlaub und lebt, schläft und isst in dem LKW von Imperial. Seine Familie in der Heimat hat er seitdem er den Job angenommen hat, nicht mehr gesehen. Zuhause warten seine Frau und seine drei Kinder auf ihn. 

Über eine WhatsApp-Gruppe diskutierten die Fahrer die verschiedenen Probleme und entschieden sich dazu den Streik in Gräfenhausen zu beginnen, vor zwei Monaten stieß Fatih dazu. Seitdem steht der LKW still. Auch wenn sie alle die Schlüssel behalten haben, die LKWs fahren dürfen sie nicht mehr, denn die streikenden Fahrer würden alle entlassen. Über 80 Fahrer sind heute noch in Gräfenhausen und warten auf ihren Lohn. Ihr größtes Druckmittel sind die immer noch voll beladenen LKWs, sie machen klar: Das Logistikunternehmen ist ohne sie nichts! 

Das weiß auch die Spedition: Im Mai versuchten sie mithilfe privater Sicherheitskräfte, die Fahrer aus den LKWs zu prügeln. Nachdem das misslang, stiegen die Chefs auf psychischen Druck und Manipulation um. Die Spedition versuchte auch die Fahrer für das Nichtausliefern der Ware anzuklagen, doch auch das schlug bisher fehl. Sie sind bereit alles für die Auslieferung der Waren zu tun außer den versprochenen Lohn zu zahlen.  

Doch von verschiedenen Seiten wird der Druck immer größer. Montag war ein Vertreter des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) vor Ort. Das am Anfang des Jahres verabschiedete Lieferkettengesetz verpflichtet Firmen, die Arbeitsumstände der zuliefernden Subunternehmen zu prüfen und macht sie im Zweifel haftbar. Das würde auch große deutsche Bauunternehmen und Autobauer betreffen. Aber auch die Entschlossenheit der Arbeiter:innen ist entscheidend. Sie ist es, die 30 von ihnen letzte Woche dazu führte in den Hungerstreik zu treten.  

Seit Beginn des Streiks wurde ein Teil der Spedition aufgekauft. Sie bestand ursprünglich aus drei Teilen Agmaz, Lukmaz und Imperial. Imperial wurde aufgekauft und von dort gab es auch ein erstes Angebot und das Versprechen den Lohn zu zahlen, doch passiert ist bisher nichts. Im Gegenteil: Gestern versuchte der Besitzer von Imperial, der sich zur selben Zeit wie wir vor Ort befand, die Arbeiter:innen dazu zu bringen erneut Verträge zu unterschreiben, die nur auf polnisch vorlagen, was nur von einem kleinen Teil der Fahrer gesprochen wird. Die Gewerkschaft riet den Fahrern davon ab die Verträge zu unterzeichnen. Der Besitzer reagierte darauf mit der klassischen Täter- Opfer-Umkehr und warf den Fahrern vor ihm sein Eigentum vorzuenthalten und wollte sie dazu bringen die LKWs nach Polen zu bringen. Bevor er eine Abfuhr vom Streik kriegte, versuchte er noch mit „Hamburger für alle“ sich das Vertrauen der Arbeiter zu erkaufen.  

Gestern haben wir live gesehen, wie rücksichtslos die Speditionsbesitzer argumentieren und dass ihnen wirklich nichts am Leben und Wohlbefinden der Arbeiter:innen liegt. Ja dass nicht mal ein Verständnis dafür da ist, seinen Lohn zu fordern oder seine Familie ernähren zu müssen, aber wir sahen auch den Zusammenhalt der Arbeiter:innen. Dieser ist so stark, dass die Fahrer von Imperial, sogar versprachen auch bei einer Einigung weiter zu bleiben, bis alle ihren Lohn erhalten haben.  

Widerstände wie der von Gräfenhausen, sind für alle uns junge Arbeiter:innen in Deutschland ein Vorbild, denn sie zeigen uns, dass wir Arbeiter:innen auch ohne starke Gewerkschaft, die macht in unseren Händen halten. Wenn wir wollen, steht die Welt still. Wir rufen alle auf den Streik zu unterstützen und Gerechtigkeit für die Fahrer zu fordern, geht vor die Filialen und Häuser der Profiteure und zeigt ihnen klar, dass wir uns das nicht weiter gefallen lassen!