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Lohnverzicht, Massentlassungen, Korruption – Die Krise bei Galeria Karstadt Kaufhof

Am Montag, den 13.3.2023 bestätigte Galeria Karstadt Kaufhof, was schon seit Monaten von der Belegschaft befürchtet wurde: 52 der insgesamt 129 Filialen werden schließen, rund 5000 Beschäftigten droht nun die Entlassung.

Um aber zu verstehen, was an dieser Krise politisch ist, warum sie mit den anderen aktuellen Krisen Hand in Hand geht und was ein österreichischer Multimilliardär damit zu tun hat, müssen wir uns zunächst die Geschichte der Galeria Karstadt Kaufhof, kurz GKK, etwas genauer ansehen. Denn in solch einer finanziellen Notlage befindet sich die letzte große Warenhauskette Deutschlands nicht zum ersten Mal. Schon im Sommer 2020 stand ca. ein Drittel der Filialen vor der Schließung, schon damals kostete die drohende Insolvenz ca. 5000 Arbeiter:innen die Stelle. Zwar konnten durch Solidaritäts- und Protestaktionen der Belegschaft rund 20 Filialen vor der Schließung bewahrt werden, aber das war nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Anfang 2021 gewährte die Bundesregierung dem Konzern dann 460 Millionen Euro aus dem sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), der ins Leben gerufen wurde, um deutsche Großkonzerne in der Krise am Leben zu halten – finanziert durch Steuergelder. Anfang 2022 wurden diese Hilfen um weitere 220 Millionen Euro ergänzt, sodass die Kette insgesamt 680 Millionen Euro Steuergelder schluckte.

Während man nun meinen könnte, diese massiven Finanzspritzen würden zur Rettung der bedrohten Arbeitsplätze oder zur Abwendung der Krise genutzt werden, ließen die Konzernleitung, die Aktieneigner und der milliardenschwere Investor und GKK-Besitzer René Benko das genaue Gegenteil durchscheinen. Kurz nach der ersten WSF-Zahlung ließen sich die Aktieneigner 450 Millionen Euro Dividende ausschütten, bei den Arbeiter:innen kam nichts an außer Massenentlassungen.

Doch wer ist eigentlich dieser Benko und was ist seine Rolle in dieser Krise? René Benko ist ein österreichischer Milliardär und Investor, der über den Umbau und Handel mit Luxusimmobilien bekannt wurde. 2014 kaufte er alle Anteile der GKK, die somit in seinen Besitz überging. Benko steckt jährlich in neuen Skandalen, so wurde er bereits wegen Korruption verurteilt, soll mehrere österreichische Politiker:innen bestochen haben und auch in der berüchtigten Ibiza-Affäre, dem größten politischen Skandal Österreichs der letzten Jahre, taucht Benkos Name als inoffizieller Geldgeber der rechtsextremen Partei FPÖ auf. All das muss der Bundesregierung klar gewesen sein, als sie sich entschied, 680 Millionen Euro an den Konzern dieses Mannes zu geben, der alles andere als eine weiße Weste hat. Ihr muss klar gewesen sein, dass dieses Geld nicht dort ankommt, wo es wirklich gebraucht wird: bei den von Krisen, unsicheren Arbeitsverhältnissen und nun auch massigen Kündigungen bedrohten Arbeiter:innen.

Jetzt könnte man sich denken: Zum Glück haben diese Arbeiter1.innen eine Gewerkschaft, die ihre Belange in der Politik verteidigt und durchsetzt. Und in der Tat sind viele der Galeria-Beschäftigten in der Gewerkschaft ver.di organisiert. Doof nur, dass selbst diese Gewerkschaft ihre Verantwortung vergisst, wenn es um die Verteidigung der Beschäftigten gegen die Profitinteressen von GKK geht. Denn als vor zwei Jahren die Insolvenz der GKK zum ersten Mal auf den Plan trat, handelte ver.di für die ca. 17.000 Beschäftigten einen halbgaren Deal aus, der für diese bedeutete, auf Teile ihres Lohns und Sonderzahlungen zu verzichten, um mit diesen Kosten den Konzern zu retten, während die Entlassungen weitergingen. Im Klartext pressten sie also noch das letzte bisschen Mehrwert aus den gegeißelten Arbeiter:innen, nur um sie jetzt, zwei Jahre später vor die gleiche Situation zu stellen. Doch die Krise bei Galeria Karstadt Kaufhof ist keine Alleinstehende, denn der Grund für diese einzelne und alle anderen momentanen Krisen ist der Gleiche:

 Die gesamte Welt, das kapitalistische, patriarchale Weltsystem steckt tief in einer Krise, die im Gegensatz zu vorherigen Krisen wie z.B. der Finanzkrise 2008/09 existenziell ist, aus der es also keinen Ausweg gibt außer der grundlegenden Umwälzung und Neugestaltung des gesamten Systems. Der Kapitalismus hält keine andere Lösung bereit, als weiterhin Öl ins Feuer zu gießen. Wir sehen diese Ausweglosigkeit heute an allen Ecken und Enden.

Sei es der Krieg in der Ukraine als imperialistischer Krieg zwischen Russland und den westlichen NATO-Mächten, der durch immer höhere Waffenlieferungen und Aufrüstungskampagnen sämtlicher Akteure begleitet wird, die kein Ende des Sterbens in Sicht lassen; währenddessen reiben sich Rüstungskonzerne wie Rheinmetall die Hände und befeuern den Krieg für ihre Profite.

Die Krise der Lebenserhaltungskosten steigt weiter und weiter an, während Milliardäre wie Benko saftige Gewinne einfahren.

Gewalt gegen Frauen nimmt in der Krise immens zu, in der letzten Zeit häufen sich Femizide und die patriarchale Politik weigert sich gegen systematische und konsequente Aufarbeitung, sondern schützt und unterstützt die gewalttätigen Männer, wie wir momentan an der Verhandlung zum Mord an Zohra Mohammad Gul sehen können.

Und auch die politische Krise, die sich in Deutschland in einem fortschreitenden Rechtsruck sämtlicher bürgerlicher Parteien äußert; in steigenden Repressionen gegen antifaschistische und revolutionäre Kräfte und der undemokratischen Ignoranz gegenüber Volksentschieden sowie internationalen Klimaabkommen, zeigt einmal mehr, dass bei tatsächlichen Verbesserungen unserer Lebensumstände kein Verlass auf die etablierten Kräfte ist, im Gegenteil, diese Kräfte stellen sich immer wieder auf die Seite des Kapitals.

Wenn unsere Bundesregierung dem Eigentümer (ich erinnere: einem korrupten, skandalumwitterten Unterstützer rechtsextremer Parteien) und den Aktienbesitzenden der GKK über eine halbe Milliarde Euro schenkt und davon bei den Arbeiter:innen nichts ankommt außer 5000 Kündigungen; wenn hunderttausende Menschen in Deutschland kein Dach über dem Kopf haben, während Immobilienspekulanten wie Benko diese Immobilien bewusst leer stehen lassen, um aus ihnen Profit zu schlagen, wenn selbst Gewerkschaften sich auf die Seite des Kapitals stellen, statt ihrer Verantwortung nachzukommen, dann sollte mittlerweile klar sein:

Wir brauchen ein anderes System. Eines, das uns nicht systematisch in menschenunwürdige Ausbeutungsverhältnisse wirft, in denen wir ständig um unsere Zukunft bangen müssen. Ein System, das Profite nicht über Menschenleben stellt, das allen Menschen ein Leben frei von Kriegen, Krisen und Ausbeutung ermöglicht.

Kurz: Wir brauchen den Sozialismus.