Wir haben ein Interview geführt mit Anna, die für Young Struggle im Bündnis End Fossil Occupy
Duisburg ist. Im Interview geht es um die Besetzung des Audimax, des großen Hörsaals an der Uni
Duisburg.
Wer ist End Fossil Occupy? Wofür steht das Bündnis?
Das Bündnis “End Fossil Occupy” ist ein internationales Bündnis, welches diesen Herbst und Winter in
über 20 verschiedenen Ländern weltweit, Unis und Schulen besetzt. Darunter auch knapp 20 in
Deutschland. Am Montag ging es dann auch in Duisburg los. Lokal besteht das Bündnis aus
verschiedenen Organisationen, darunter Students For Future Duisburg und Essen, Fridays For Future,
Young Struggle und Einzelpersonen. Verschiedene Gruppen haben sich mit der Besetzung solidarisiert
und unterstützen diese, darunter auch der Asta der Uni Duisburg. Das Bündnis hat fünf bundesweite
Forderungen:
- Keine Profite mit der Energieproduktion! Die Energieversorgung soll vergesellschaftet werden
- Verkehrswende für alle! Kurzfristig bedeutet das die Rückkehr zum 9€-Ticket, langfristig
fordern wir kostenlosen ÖPNV.
- Lützerath bleibt!
- Fossiles Finanzsystem beenden! So wollen wir global für Gerechtigkeit sorgen, indem es einen
Schuldenschnitt für Länder des globalen Südens gibt.
- Wir schließen uns den Forderungen von „Genug ist genug“ an, das bedeutet zum Beispiel
eine solidarische Antwort auf die Krise.
Für die Universität Duisburg wurden zusätzlich folgende Forderungen aufgestellt:
- Uni für die Zukunft statt Lehre von gestern! Mehr Nachhaltigkeit, weniger Notendruck und
Konkurrenz.
- Bildung ist für alle da! Wir fordern die Abschaffung des Semesterbeitrags, damit sich alle ein
Studium leisten können.
- Eine nachhaltige und zugängliche Universität: Barrierefreiheit, bessere ÖPNV-Anbindung und
Ausbau der erneuerbaren Energien am Campus selbst.
Wenn wir über die Forderungen sprechen, dann ist uns wichtig zu sagen, dass es deutlich über
Themen des „reinen“ Klimaschutz hinausgeht. Wir wollen eine gerechte Zukunft, in der wir als junge
Menschen eine Perspektive haben und nicht ein Großteil der Erde unbewohnbar wird. Wir wollen ein
schönes Leben für alle und nicht Profite für einige Wenige, die auf Kosten von vielen entstehen.
Ihr habt den Duisburger Campus der Universität besetzt. Was bezweckt ihr mit dieser Besetzung
und wie lange soll sie andauern?
Die Besetzung ist an Studierende und Mitarbeitende der Uni gerichtet, aber auch an alle, die einfach
interessiert sind, auch wenn keine direkte Verbindung zur Uni besteht. Wir wollen einen offenen
Raum schaffen, an dem wir gemeinsam lernen und uns austauschen können.
Seit über drei Jahren geht Fridays for Future auf die Straße und streikt für Klimagerechtigkeit, doch
die Gefahr der Klimakrise ist akuter den je. Eine Besetzung ist die weitere Stufe nach dem Streik. Bei
Studierenden ist dieser nicht möglich – wenn wir nicht in die Vorlesung gehen, interessiert es
niemanden, wenn wir blockieren, dann schon. Das Ziel ist also, Aufmerksamkeit auf das Thema zu
lenken und mit Studierenden in den Austausch zu kommen, aber auch gemeinsam zu diskutieren und
zu lernen. Wichtig ist auch, dass wir nicht aus Langeweile hier sind oder nichts besseres zu tun haben,
sondern weil es notwendig ist, dass etwas passiert. Wir besetzen das Hörsaalzentrum, weil uns
angesichts der immer gefährlicher werdenden Klimakrise nichts übrig bleibt, als zu blockieren,
besetzen und Widerstand zu leisten.
Wie kann man sich die Besetzung vorstellen?
Unser Ziel ist eine offene Besetzung. Wir bieten ein eigenes Programm an, gestalten aber auch mit
Dozierenden gemeinsam Diskussionen oder Vorträge.
Es gibt jeden Morgen ein gemeinsames Frühstück, mittags und abends wird auch gemeinsam
gegessen. Dabei sind wir nicht alleine in der Besetzung, sondern es kommen Studierende dazu, die
Fragen stellen und wissen wollen, worum es eigentlich geht. Es gibt jeden Tag außerdem Plena, bei
dem wir das Programm und Zuständigkeiten klären. Den ganzen Tag über findet eben Programm statt,
dabei gibt es Vorträge über den Zusammenhang von Klimakrise und Kapitalismus oder Lützerath, aber
auch Diskussionen über die Legitimität dieser Besetzung.
Alle sind bei uns willkommen und es ist nicht unser Ziel, Studierende zu verärgern oder zu
verschrecken. Wir bieten gerade deswegen ein Bildungs- und Lehrprogramm an, damit wir
Studierenden trotz der Besetzung die Möglichkeit geben, zu lernen und sie nicht umsonst zur Uni
fahren. Gleichzeitig können wir so ein Bewusstsein bei den Menschen schaffen, wie wichtig es ist,
dass wir gemeinsam gegen Klimakrise und Kapitalismus kämpfen.
Aber warum Unis und Schulen? Würde es nicht mehr Sinn machen, zum Beispiel Gebäude von
Energiekonzernen zu besetzen?
Diese Frage ist berechtigt und wird auch von Studierenden oft gefragt. Was für uns dabei im
Mittelpunkt steht, ist dass die Uni ein politischer Raum für sich ist. Sie ist ein Ort der Lehre und damit
gibt sie immer eine Richtung vor. Unsere Aufgabe ist es, diese Richtung zu bestimmen. Gerade hier in
Duisburg gibt es Kooperationen mit ThyssenKrupp und RWE, da ist es eindeutig, in welche Richtung
das geht. Unsere Aufgabe ist es also, das aufzubrechen.
Außerdem hat Wissenschaft schon immer eine Rolle gespielt bei der Frage, wie wir mit der Klimakrise
umgehen wollen. Die Uni als Ort der Forschung ist dabei der Ort, an dem ein Wandel stattfinden
muss. Es muss in nachhaltige Forschung investiert werden, statt weiterhin über fossile Brennstoffe zu
lehren.
Wie reagiert das Rektorat auf die politische Aktion?
Bislang ist das Rektorat entspannt und distanziert sich auch von dem aggressiven Polizeieinsatz am
Montagmittag. Polizisten sind zur Uni gekommen und wollten in den Hörsaal, angeblich, um zu
überprüfen, ob ein Straftatbestand vorliegt. Dabei wären sie angeblich von der Uni geschickt worden,
tatsächlich geht es aber um Einschüchterung und mit jeglichen Mitteln zu verhindern, dass dieses
Gebäude besetzt bleibt. Für die Besetzung ist klar, dass die Polizei in dieser Besetzung nichts zu tun
hat.
Am Mittwochmorgen gab es ein Gespräch mit dem Rektorat, was eine gewisse Gesprächsbereitschaft
definitiv zeigt. Allerdings wurde auch deutlich, dass die gar nicht an einer Lösung interessiert sind,
sondern eigentlich nur um den heißen Brei herumreden und uns mit netten Worten kleinhalten
wollen. Dabei wird nicht beachtet, was nötig wäre, um der drohenden Gefahr der Klimakrise eine
direkte Antwort entgegenzustellen. Viele Mitarbeitende der Uni stehen uns positiv gegenüber und
unterstützen auch einen Teil der Forderungen, sehen die Besetzung allerdings nicht als ein sinnvolles
Mittel an. An dieser Stelle will ich nochmal betonen, dass diese Besetzung legitim ist und wir auch
solange bleiben werden, wie es notwendig ist. Wann und wie wir gehen, entscheiden wir selbst,
dabei richten wir uns nicht nach Bitten der Uni-Leitung.
Innerhalb der nächsten zwei Wochen wird es ein weiteres Gespräch mit dem Rektorat geben, das
wurde uns zugesichert. Dort sollen alle die Möglichkeit haben, sich mit uns auszutauschen und über
die Forderungen zu diskutieren.